Ziviler Ungehorsam oder politische Blockade? Der Vergleich zweier Extreme
In der Klimadebatte stehen zwei Gruppen besonders im Fokus: Aktivist:innen, die mit Strassenblockaden auf die Klimakrise aufmerksam machen – oft pauschal als „Klimakleber“ bezeichnet – und Menschen, die den menschengemachten Klimawandel leugnen oder relativieren. Beide Gruppen sorgen für Schlagzeilen, beide gelten als extrem – aber auf sehr unterschiedliche Weise. Wer richtet in Bezug auf Umwelt, Gesellschaft und Politik mehr Schaden an? Eine faktenbasierte Einordnung.
Klimakleber ist ein umgangssprachlicher Begriff für radikale Klimaaktivist:innen, die sich bei Protestaktionen z. B. auf Strassen oder Rollbahnen festkleben. Organisationen wie Letzte Generation, Extinction Rebellion oder Scientist Rebellion setzen dabei auf zivilen Ungehorsam, um politische Aufmerksamkeit zu erzwingen.
Dem gegenüber stehen Klimaleugner – Menschen oder Bewegungen, die den menschengemachten Klimawandel ablehnen, relativieren oder als Erfindung darstellen. Laut einer Studie der ETH Zürich (2022) glauben rund 12 % der Schweizer Bevölkerung, der Klimawandel sei nicht hauptsächlich vom Menschen verursacht.
Beide Gruppen stehen im Gegensatz zur politischen und wissenschaftlichen Mitte: Während die einen mehr und schnelleres Handeln fordern, wollen die anderen den Status quo verteidigen oder Veränderungen verhindern.
Klimakleber blockieren oft Strassen oder Flughäfen und stören damit gezielt den Alltag. Laut Bundeskriminalamt Deutschland (2023) kam es im Jahr 2022 zu über 1300 Aktionen dieser Art. Kritiker werfen ihnen vor, Rettungskräfte zu behindern, den gesellschaftlichen Rückhalt für den Klimaschutz zu gefährden oder undemokratische Methoden zu nutzen.
Die Aktivist:innen berufen sich auf Artikel 20a des Grundgesetzes (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) und die Dringlichkeit der Klimakrise. Studien (z. B. Universität Leipzig, 2023) zeigen: Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Protestform ab – aber unterstützt das Ziel (mehr Klimaschutz).
Die Wirkung ist umstritten: Laut Medienanalysen erhöhten Aktionen zwar kurzfristig die mediale Aufmerksamkeit, langfristige politische Effekte sind aber kaum messbar.
Klimaleugnung ist keine einheitliche Bewegung, sondern ein Spektrum aus politischen Gruppen, Think-Tanks, Lobbyisten und Einzelpersonen, oft mit Nähe zu fossilen Industrien. Ihre Hauptwirkung liegt nicht in spektakulären Aktionen, sondern in der Verzögerung oder Blockade politischer Prozesse.
Beispiel: In den USA wurden laut einer Studie der Harvard University (2021) über 900 Millionen US-Dollar in die Verharmlosung des Klimawandels investiert. In Europa sind Netzwerke wie CLINTEL, Heartland Institute oder vereinzelt auch Parteien wie die AfD (Deutschland) oder FPÖ (Österreich) zentrale Multiplikatoren.
Die Wissenschaftsleugnung verzögert Klimaschutzentscheidungen und untergräbt gesellschaftlichen Konsens. Eine Studie der TU Berlin (2023) zeigte: Schon 10 % mediale Unsicherheit können Gesetzesvorhaben signifikant verzögern.
Im Alltag spüren viele Menschen eher die Folgen von Strassenblockaden als ideologische Desinformation. Das erklärt, warum Klimakleber oft stärkere Ablehnung erfahren. Doch während sich ein Stau auflöst, bleiben politische Blockaden oft langfristig wirksam.
Klimaleugner fördern Misstrauen gegenüber Wissenschaft und Medien, polarisieren Debatten und bieten Anschlussstellen für rechtsextreme Narrative. Dagegen stehen bei Klimaklebern oft junge Menschen, die aus moralischer Überzeugung handeln – wenn auch auf teils radikale Weise.
Die Debatte wird emotional geführt: Wer mitfühlt, verteidigt den Protest; wer sich gestört fühlt, lehnt ihn ab. Die Faktenlage aber zeigt: Die strukturelle Wirkung von Klimaleugnung ist deutlich tiefer und langfristiger als der Effekt kurzfristiger Proteste.
Ob Klimakleber oder Klimaleugner – beide Seiten polarisieren. Doch während Klimakleber nerven und den Alltag stören, blockieren Klimaleugner Entscheidungen auf politischer Ebene. Die grösste Gefahr für die Gesellschaft und das Klima geht dabei weniger von Störungen im Verkehr aus als von der systematischen Verharmlosung der Krise.
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