Luchs und Wolf: 50 Jahre nach der Wiederansiedlung im Jura – Was wir voneinander lernen können


Der Luchs im Jura: 50 Jahre nach seiner Wiederansiedlung. (Bild: Ein Luchs)

Im Jahr 1974 wurde der Luchs im Jura erfolgreich wieder angesiedelt – ein Meilenstein, der auch für den Umgang mit dem Wolf wertvolle Lehren bereithält. Heute sind Luchs und Wolf nicht nur ein Teil der Wildnis, sondern auch eine Herausforderung für Mensch und Natur.

Die Wiederansiedlung des Luchses: Ein Erfolg im Jura

Vor 50 Jahren, im November 1974, wurde der Luchs im Kanton Neuenburg wieder in die Schweiz eingeführt. In der Region Creux-du-Van, einem beliebten Naturschutzgebiet, fand die grösste Raubkatze Europas erneut ein Zuhause. Dieses ambitionierte Projekt zur Wiederansiedlung des Luchses war wegweisend und veränderte das Bild des Jura nachhaltig. Heute leben rund 300 Luchse in der Schweiz, etwa 70 davon im Jura. Für den Verein «Avenir Loup Lynx Jura» ist dies ein grosser Erfolg, und Yves Bongard, der Sekretär des Vereins, zieht Bilanz: „Wir haben mit dem Luchs Frieden geschlossen. Er ist mittlerweile zu einem Symbol geworden.“

Der Luchs hat sich zu einem zentralen Bestandteil der regionalen Fauna entwickelt und wird inzwischen von vielen als faszinierendes Tier geschätzt, das keine Bedrohung darstellt. Was zu Beginn noch als ein Risikoprojekt galt, hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Doch diese Geschichte ist nicht nur eine der Rückkehr eines faszinierenden Tieres, sondern auch ein Lehrstück im Umgang mit Wildtieren.

Der Wandel von der Angst zur Bewunderung

Die Wiederansiedlung des Luchses war zu Beginn ein heikles Unterfangen. In den ersten Jahren sahen viele Menschen den Luchs als eine Bedrohung. Yves Bongard erinnert sich an diese Zeit und sagt: „Damals war der Luchs furchteinflössend – genauso wie der Wolf heute.“ Aber die Zeit und die Erfahrung haben die Perspektive der Menschen gewandelt. Heute wird der Luchs nicht mehr als Bedrohung angesehen. Vielmehr ist er zu einem Symbol für den Erfolg der Naturschutzbemühungen im Jura geworden.

Dieser Wandel zeigt, wie sich das Verhältnis von Mensch und Wildtier über Jahrzehnten entwickeln kann. Was einst als Problem wahrgenommen wurde, wird nun als bereichernd für die Natur und die Umwelt betrachtet. Die Menschen haben gelernt, den Luchs zu respektieren und zu bewundern. Yves Bongard sieht darin eine grosse Chance: „Wenn wir mit dem Wolf genauso umgehen könnten wie mit dem Luchs, dann hätten wir viel erreicht.“

Der Wolf: Eine neue Herausforderung

Doch der Umgang mit dem Luchs ist nicht der einzige Herausforderung im Jura. Auch der Wolf hat mittlerweile Einzug gehalten, und die Auseinandersetzungen rund um den Wolf nehmen wieder zu. Der Verein «Avenir Loup Lynx Jura» setzt sich nicht nur für die Luchse, sondern auch für den Schutz des Wolfes ein. Es gibt Parallelen zwischen der Geschichte des Luchses und dem aktuellen Umgang mit dem Wolf. Beide Tiere waren in der Vergangenheit als gefährlich abgestempelt, heute sind sie aus der Schweizer Natur nicht mehr wegzudenken.

Yves Bongard, der sich intensiv mit beiden Tieren beschäftigt, sieht den Umgang mit dem Wolf als eine Lernaufgabe für die Gesellschaft. Der Luchs sei ein Vorbild für den Umgang mit dem Wolf. „Wenn wir Frieden mit dem Wolf schliessen können, genauso wie wir es mit dem Luchs getan haben, dann werden wir in der Lage sein, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur zu finden.“ Der Luchs zeigt, dass mit Geduld, Respekt und einer fundierten Auseinandersetzung mit den Tieren, eine friedliche Koexistenz möglich ist.

Wildtiermanagement: Die Kunst der Balance

Ein zentraler Aspekt für die Akzeptanz von Wildtieren wie dem Luchs und dem Wolf ist das Wildtiermanagement. In der Schweiz hat der Luchs seit seiner Wiederansiedlung jährlich eine gewisse Anzahl an Nutztiere gerissen. Etwa 100 Tiere fallen jährlich dem Luchs zum Opfer. Doch statt eine Konfrontation zu suchen, wird den Züchtern eine Entschädigung angeboten. So wird eine Balance zwischen dem Schutz des Wildtiers und den Interessen der Nutztiere gewahrt.

„Dieser pragmatische Ansatz könnte auch beim Wolf Anwendung finden“, meint Bongard. Der Umgang mit beiden Wildtieren sollte durch ein ausgewogenes System geprägt sein, das sowohl die Bedürfnisse der Natur als auch die der Landwirtschaft berücksichtigt. Nur so kann ein respektvolles und nachhaltiges Miteinander entstehen, das die Werte des Naturschutzes und die Lebensrealität der Menschen vereint.

Fazit: Frieden mit der Natur – Der Weg zum gemeinsamen Ziel

Die Wiederansiedlung des Luchses im Jura war ein Meilenstein, der uns nicht nur zeigt, wie man ein Wildtier erfolgreich in die heimische Flora und Fauna integrieren kann, sondern auch wertvolle Lehren für den Umgang mit anderen Tieren wie dem Wolf bereithält. Der Wandel von der Angst zur Bewunderung ist eine Erfolgsgeschichte, die Mut macht. Wenn wir lernen, mit der Natur in Einklang zu leben, können wir viele der Herausforderungen meistern, die uns die Wildtiere der Schweiz stellen.

Der Weg von der Konfrontation zur Koexistenz ist möglich – mit Geduld, Aufklärung und einem ausgewogenen Wildtiermanagement. Der Luchs hat es vorgemacht. Vielleicht können wir auch mit dem Wolf ein friedliches Miteinander erreichen. Der Schlüssel liegt in einem respektvollen Umgang mit der Wildnis und der Bereitschaft, voneinander zu lernen.

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