Feige Rezensionen häufen sich – und sorgen für Frust bei Unternehmen und Kunden
Ein-Stern-Bewertungen ohne Text, anonyme Kritik und verzerrte Darstellungen – auf Plattformen wie Google, Tripadvisor oder Amazon nehmen sogenannte „feige Rezensionen“ zu. Gemeint sind Bewertungen, die entweder absichtlich irreführend, beleidigend oder ohne echte Grundlage verfasst werden – meist anonym. Dieser Bericht zeigt, wie verbreitet solche Praktiken sind, wie Plattformen reagieren und was Nutzer sowie Unternehmen tun können.
Online-Rezensionen haben sich in den letzten zehn Jahren zu einem entscheidenden Faktor für Kaufentscheidungen, Buchungen und Dienstleistungen entwickelt. Studien zeigen, dass über 80 % der Konsumenten vor dem Kauf eines Produkts Online-Bewertungen konsultieren. Gleichzeitig bieten Plattformen wie Google, Trustpilot oder Yelp die Möglichkeit, auch ohne Namensnennung und ohne verifizierten Kauf Bewertungen abzugeben.
Die Problematik: Solche anonymen oder unbegründeten Rezensionen können gezielt geschäftsschädigend eingesetzt werden – etwa durch Mitbewerber, unzufriedene Kunden ohne Dialogbereitschaft oder automatisierte Bot-Systeme. Als „feige“ gelten dabei Rezensionen, die:
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keinen konkreten Vorfall schildern,
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emotional oder beleidigend formuliert sind,
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bewusst irreführend oder falsch sind,
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anonym und ohne Verifizierung erfolgen.
In der Schweiz melden KMU, Gastronomiebetriebe und Dienstleister zunehmend sogenannte Rufschädigung durch Rezensionen. Branchenverbände berichten von Fällen, in denen ein Unternehmen gezielt mit schlechten Bewertungen überzogen wurde – ohne dass ein realer Kundenkontakt stattfand.
Auf Google Maps oder in den App-Stores erscheinen immer häufiger Ein-Stern-Bewertungen ohne Kommentartext. Diese sind oft nicht nachvollziehbar, können aber das Gesamt-Rating empfindlich senken – besonders bei kleineren Unternehmen mit wenigen Einträgen. Auch Arztpraxen, Handwerksbetriebe und Schulen sind betroffen.
Viele Betroffene kritisieren, dass der Löschprozess kompliziert ist: Die Beweislast liegt beim Bewerteten, nicht beim Bewertenden. Das kann Tage bis Wochen dauern – während die Bewertung weiter öffentlich sichtbar bleibt.
Laut einer Erhebung des deutschen Digitalverbands Bitkom (2023) halten 63 % der Online-Kund:innen anonyme Rezensionen für „wenig vertrauenswürdig“. Gleichzeitig gaben 24 % an, schon einmal absichtlich eine negative Bewertung geschrieben zu haben, um „Druck auszuüben“ – auch ohne objektiven Grund.
Plattformen wie Amazon versuchen mit verifizierten Käufen gegenzusteuern. Bei Google dagegen kann grundsätzlich jeder mit einem Account Bewertungen hinterlassen – ohne Nachweis der Dienstnutzung.
Eine Untersuchung der Universität Zürich (2022) ergab, dass viele negative Rezensionen sich sprachlich ähneln und bestimmte Muster aufweisen – ein Hinweis auf koordinierte oder automatisierte Beiträge. Grosse Bewertungsportale setzen mittlerweile Algorithmen ein, um Manipulation zu erkennen – mit begrenztem Erfolg.
Für viele Unternehmen ist der Umgang mit unfairen Rezensionen zur Daueraufgabe geworden. Mitarbeitende müssen sich mit negativen Kommentaren befassen, unabhängig davon, ob ein echter Vorfall stattgefunden hat. Häufig entsteht ein Gefühl der Ohnmacht – gerade wenn keine Kontaktmöglichkeit besteht oder Rückmeldungen ignoriert werden.
Kundinnen und Kunden wiederum stehen vor der Herausforderung, echte Kritik von böswilliger Meinung zu unterscheiden. Bewertungsportale verlieren dadurch an Glaubwürdigkeit. Gleichzeitig steigt der Wunsch nach Plattformtransparenz – etwa durch verpflichtende Identitätsnachweise oder verifizierte Erfahrungsberichte.
Einige Nutzergruppen fordern mittlerweile öffentlich, Bewertungen nicht mehr anonym zuzulassen – auch um „digitale Feigheit“ und Rufschädigung einzudämmen. Plattformen reagieren zögerlich: Der Schutz von Meinungsfreiheit kollidiert mit dem Schutz vor Missbrauch.
Feige Rezensionen sind ein wachsendes Problem im digitalen Alltag. Was als Instrument der Meinungsfreiheit gedacht war, wird zunehmend für Stimmungsmache oder persönliche Angriffe genutzt. Plattformen stehen unter Druck, zwischen legitimer Kritik und destruktiver Bewertung zu unterscheiden. Klar ist: Nur Transparenz, Fairness und technische Prüfmechanismen können das Vertrauen in Online-Bewertungen langfristig sichern.
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