Immer mehr Italiener meiden abends die Strassen – aus Furcht vor Kriminalität.
In Italien ist die Angst, Opfer eines Verbrechens zu werden, auf einem Höchststand. Ein aktueller Bericht der Forschungsinstitute Univ und Censis zeigt: Besonders Frauen meiden vermehrt abends öffentliche Räume. Fast 7 von 10 fürchten sich auf dem Heimweg. Die wachsende Unsicherheit betrifft aber längst nicht nur Frauen – fast 4 von 10 Bürger:innen verzichten inzwischen ganz auf das Ausgehen.
Der Bericht „Sicherheit ausserhalb des Hauses“ wurde kürzlich in Rom präsentiert und stützt sich auf Daten aus dem Jahr 2024. Die Erkenntnisse werfen ein Schlaglicht auf gesellschaftliche Entwicklungen, regionale Brennpunkte und neue Anforderungen an den Sicherheitssektor.
Der folgende Artikel beleuchtet die Hintergründe, aktuelle Zahlen, überraschende Fakten – und den zunehmenden Wunsch nach privaten Sicherheitslösungen.
Italien zählt zu den am dichtesten besiedelten Ländern Europas. Öffentliche Plätze und Innenstädte spielen kulturell wie sozial eine zentrale Rolle. Doch bereits seit Jahren steigt das subjektive Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung – oft unabhängig von der tatsächlichen Kriminalitätsrate. Die Diskussion über Sicherheit im öffentlichen Raum erhält zusätzliche Brisanz durch gesellschaftliche Veränderungen, Urbanisierung und mediale Präsenz von Gewaltverbrechen.
Univ und Censis haben sich in ihrem ersten gemeinsamen Sicherheitsbericht auf die gefühlte Unsicherheit der Bevölkerung konzentriert. Besonders relevant ist der Fokus auf das Sicherheitsgefühl ausserhalb des Hauses – ein Aspekt, der bislang in vielen Erhebungen zu kurz kam.
67,3 % der italienischen Frauen empfinden Angst, wenn sie abends allein nach Hause gehen. Insgesamt fühlen sich 75,8 % der Italiener:innen unsicherer als noch vor fünf Jahren. Besonders junge Menschen vermeiden zunehmend das Ausgehen: 52,1 % der Befragten unter 30 gaben dies an.
Die Kriminalitätsstatistik bestätigt diese Entwicklung zum Teil: Im Jahr 2024 wurden über 2,3 Millionen Straftaten registriert. Besonders auffällig ist der Anstieg bei Raubüberfällen (+51,3 %) und Taschendiebstählen (+68 %).
Wie ansa.it berichtet, liegt Rom mit 271.033 gemeldeten Straftaten an der Spitze, gefolgt von Mailand (226.230), Neapel (132.809) und Turin (128.919). In relativen Zahlen liegt Mailand vorn: 69,7 Delikte pro 1.000 Einwohner wurden 2024 dort erfasst.
Ein besorgniserregender Trend ist die Zunahme von sexueller Gewalt: 6.587 gemeldete Fälle im Jahr 2024 bedeuten einen Anstieg von 34,9 % gegenüber 2019. Zudem wurden laut Studie 25,6 % der Frauen mindestens einmal sexuell belästigt, 29,5 % berichteten von Stalking-Erlebnissen.
Auch private Sicherheitsdienste gewinnen an Bedeutung: Bereits 12 Millionen Italiener:innen haben laut Studie mindestens einmal deren Hilfe in Anspruch genommen. Besonders hoch ist das Vertrauen: 73,5 % sprechen privaten Sicherheitsdiensten ihr Vertrauen aus. Die Mehrheit (65,1 %) hält den Staat für überfordert, alle sensiblen Bereiche allein abzusichern.
Es geht nicht nur um Kriminalitätsbekämpfung, sondern auch um das Wiederherstellen von Vertrauen in öffentliche Räume. Viele Bürger:innen fühlen sich allein gelassen – und finden Hilfe eher bei privaten Diensten als beim Staat.
Verpasse keine News mehr! Aktiviere unseren kostenlosen Whatsapp-Kanal