Der französische Arzt wurde wegen Missbrauchs an fast 300 Kindern zu langer Haftstrafe verurteilt – ein Justizfall mit nationalem Schockeffekt.
Es ist einer der schlimmsten Missbrauchsfälle in Frankreichs Justizgeschichte: Der ehemalige Chirurg Joël Le Scouarnec wurde wegen sexuellen Missbrauchs an Hunderten von Minderjährigen schuldig gesprochen. Der Fall sorgte landesweit für Entsetzen und warf Fragen zur Aufsicht in Krankenhäusern auf. Mit dem Urteil gegen den heute über 70-Jährigen wurde nun ein weiteres Kapitel dieses juristischen und gesellschaftlichen Dramas geschlossen.
Joël Le Scouarnec war über Jahrzehnte als Chirurg an mehreren Krankenhäusern in Westfrankreich tätig. Zwischen 1991 und 2014 arbeitete er in Rochefort, Jonzac, Vannes und Lorient. Sein Ruf galt als unauffällig – bis im Jahr 2017 erste Ermittlungen gegen ihn eingeleitet wurden. In seinem Haus wurden damals Tagebücher und Notizen gefunden, in denen er detailliert Übergriffe auf mehr als 300 Kinder beschrieb.
Diese Aufzeichnungen waren der Ausgangspunkt einer der grössten Missbrauchsermittlungen, die Frankreich je erlebt hat.
Die Staatsanwaltschaft wirft Le Scouarnec sexuellen Missbrauch, Vergewaltigung und Besitz von Kinderpornografie vor. Viele der Taten ereigneten sich im Kontext medizinischer Behandlungen – der Arzt nutzte sein berufliches Umfeld gezielt aus. Ermittler werteten über 350 persönliche Aufzeichnungen aus, darunter Skizzen, Listen und Erinnerungen, die viele der Übergriffe belegen konnten.
Im Prozess sagten zahlreiche Betroffene aus – einige waren zum Tatzeitpunkt erst drei oder vier Jahre alt. Viele Familien berichten bis heute von schwerwiegenden psychischen Folgen.
Im Mai 2025 wurde Le Scouarnec schuldig gesprochen und zu einer langen Haftstrafe verurteilt (Details wurden von französischen Behörden zum Schutz der Opfer zurückhaltend kommuniziert). Bereits 2020 war er in einem ersten Prozess zu vierzehn Jahren Haft verurteilt worden – das neue Verfahren erweiterte die Vorwürfe erheblich.
Der Fall löste in Frankreich eine Welle der Empörung aus. Justizminister Éric Dupond-Moretti sprach von einem „Versagen des Systems“, und viele fordern seither strengere Kontrollen in medizinischen Einrichtungen.
Der Fall Le Scouarnec hat weitreichende Folgen:
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Er führte zur Stärkung von Kinderschutz- und Meldepflichten im Gesundheitswesen.
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Viele Kliniken implementierten neue Verfahren zur Überwachung von Personalzugang und Patientenkontakt.
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Die Opfer erhalten psychologische und rechtliche Unterstützung durch spezialisierte Stellen.
Gleichzeitig diskutiert Frankreich, wie solche Fälle früher erkannt und verhindert werden können – etwa durch regelmässige psychologische Eignungsprüfungen und strengere Hintergrundchecks.
Joël Le Scouarnec steht für ein dunkles Kapitel französischer Medizin- und Justizgeschichte. Das Urteil bringt zwar juristische Gerechtigkeit – doch für die hunderten betroffenen Kinder und ihre Familien bleiben die Folgen tiefgreifend. Der Fall mahnt zu struktureller Verantwortung und systematischem Schutz der Schwächsten.
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