Uhus und andere Grossvögel sterben durch Stromschläge – Bahnen und Behörden setzen nun auf gezielten Schutz
Fahrleitungsmasten der Bahnen sind für viele Vögel begehrte Aussichts- oder Ruheplätze – aber sie bergen eine tödliche Gefahr. Besonders betroffen ist der Uhu, die grösste Eule Europas mit bis zu 1,8 Metern Flügelspannweite. Für ihn kann das Sitzen oder Starten von einem Mast tödlich enden, wenn Flügel zwei stromführende Elemente berühren.
Wie bafu.admin.ch berichtet, arbeiten Bahnbetreiber in enger Abstimmung mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und weiteren Partnern daran, diese Gefahr zu entschärfen – im Rahmen des Aktionsplans Strategie Biodiversität Schweiz.
Beeindruckender Jäger mit gefährlicher Sitzgewohnheit
Der nachtaktive Uhu bevorzugt exponierte Ansitze mit weiter Sicht – und nutzt dafür Strommasten. Doch dort droht ihm der Stromtod:
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Kurzschluss bei gleichzeitiger Berührung zweier stromführender Teile
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Erdschluss, wenn er auf dem Mast sitzt und einen Leiter berührt
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Weitere Gefahren durch Nistmaterial oder Kotstrahlen, die Strombrücken bilden
Etwa jeder dritte tot aufgefundene Uhu stirbt durch Stromschlag – mit vermutlich hoher Dunkelziffer. Im Alpenraum stagnieren die Bestände, obwohl sich die Brutzahlen regional verbessern.
Infrastruktur wird zur Todesfalle für grosse Vogelarten
Nicht nur Uhus sind gefährdet – auch Greifvögel, Störche und andere Grossvögel nutzen Masten als Ansitz- oder Nistplatz. Für kleine Arten ungefährlich, werden sie für grössere Tiere zur tödlichen Falle.
Die Schweiz trägt durch ihre Lage und Lebensräume eine hohe internationale Verantwortung für solche bedrohten Arten. Der Verlust einzelner Tiere kann regional schwer wiegen – insbesondere bei Arten mit geringen Beständen oder Bruterfolgen.
Sanierung statt Stromschlag: So wird entschärft
Ein Vorbildprojekt läuft seit 2018 in Graubünden: Die Rhätische Bahn (RhB) entschärft in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Vogelwarte gezielt Fahrleitungsmasten im Umkreis von Uhu-Brutplätzen. Die Ergebnisse sprechen für sich:
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Seit 2022 kein Stromschlagtod eines Uhus im Engadin
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Die RhB isoliert stromführende Elemente gezielt und kosteneffizient
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Weitere regionale Stromnetzbetreiber haben Mittelspannungsleitungen saniert oder erdverlegt
SBB-Gefahreninventar als Wegweiser
Die SBB geht mit einem landesweiten Gefahreninventar ihrer Fahrleitungsanlagen voran. Drei kritische Masttypen gelten als prioritär:
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Vertikale Stützisolatoren
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Kritische Mastkopf-Bauweisen
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Gestützte Tragseiljoche
Diese weisen laut Vogelschutzrichtlinie des Bundesamts für Verkehr (BAV) ein besonders hohes Risiko für Vögel auf. Die SBB plant schrittweise Sanierungen auf Basis dieses Inventars, das 2024 vor dem Abschluss steht.
Gesetzliche Vorgaben und Umsetzung
Die Vogelschutzrichtlinie 2019, gemeinsam erarbeitet von BAFU, BAV, SBB, RhB und der Vogelwarte, schreibt für Neubauten und umfangreiche Sanierungen vogelsichere Fahrleitungsbauweisen mit Mindestabständen verbindlich vor.
Auch bei Unterhaltseingriffen werden gefährliche Maste nachgerüstet oder isoliert – ein pragmatischer Kompromiss zwischen Artenschutz und Infrastrukturbetrieb.
Vogelschutz ist auch Netzschutz
Die Massnahmen zum Vogelschutz zeigen Wirkung – sie dienen nicht nur dem Artenschutz, sondern auch dem technischen Betrieb:
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Weniger Stromausfälle und Schäden an der Fahrleitung
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Mehr Netzstabilität durch vorbeugenden Schutz
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Ein konkreter Beitrag zur Biodiversitätsstrategie der Schweiz
Trotzdem: Noch viele Anlagen im Land bleiben gefährlich. Nur wenn Bund, Bahnbetreiber und Kantone gemeinsam weiter investieren, lassen sich langfristig Stromtod-Fälle bei Uhus und anderen Arten deutlich reduzieren.
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