Eine Mehrheit der Ukrainer lehnt Landabgaben an Russland ab – auch im Gegenzug für Frieden. Präsident Selenskyj hält am Kurs des Widerstands fest.
Die Diskussion über territoriale Zugeständnisse im Austausch für Frieden sorgt in der Ukraine für heftige Debatten. Während US-Vertreter und Ex-Präsident Donald Trump solche Abtretungen als realistischen Weg zu einem Waffenstillstand sehen, lehnt die ukrainische Bevölkerung mehrheitlich jede Form der Gebietsaufgabe ab – sowohl rechtlich als auch symbolisch.
Klitschko auf politischem Glatteis
Ein seltener Vorstoss kam im April von Vitali Klitschko, dem Bürgermeister von Kiew. In einem Interview stellte er die Möglichkeit vorsichtiger Landzugeständnisse in den Raum – und wurde daraufhin von empörten Kommentaren überrollt. Wenig später relativierte er öffentlich: „Territoriale Zugeständnisse widersprechen unseren nationalen Interessen.“
Bevölkerung lehnt Zugeständnisse ab
Laut einer Umfrage von Gradus Research, die reuters.com exklusiv vorliegt, lehnen rund 75 % der Befragten territoriale Zugeständnisse als Friedensoption ab. Viele sehen in ihnen kein Entgegenkommen, sondern eine Stärkung des Aggressors.
Eine zweite Umfrage ergab, dass 40 % glauben, ein solcher Friede wäre nicht von Dauer, weitere 31 % bezweifeln, dass er überhaupt zu Frieden führen würde.
Der Druck auf Kiew wächst
Ex-US-Präsident Donald Trump und seine Berater plädieren offen für einen Waffenstillstand mit faktischer Gebietsaufgabe. Auch viele europäische Partnerstaaten sollen laut US-Verhandlern diese Linie im vertraulichen Dialog mit Kiew ansprechen. Der Widerstand dagegen bleibt jedoch hoch – nicht nur im Präsidentenpalast, sondern auch in der Zivilgesellschaft.
Daten aus verschiedenen Instituten
Laut dem Kiewer Internationalen Institut für Soziologie (KIIS) wuchs der Anteil jener, die Landzugeständnisse zumindest „akzeptieren könnten“, von 10 % (Mai 2022) auf 39 % (März 2025). Dennoch lehnen 50 % weiterhin jede Form von Gebietsabgabe strikt ab. Eine weitere Umfrage des Rasumkow-Zentrums ergab: 82 % sprechen sich gegen eine formelle Anerkennung der besetzten Gebiete aus.
Die Politik schweigt
Abgesehen von Klitschkos Rückzieher bleibt die ukrainische Führung geschlossen gegen Gebietsaufgabe. Präsident Wolodymyr Selenskyj verweist auf die ukrainische Verfassung, die keine formelle Landabgabe erlaubt. Auch politische Persönlichkeiten oder Parteien haben bislang keinen offenen Diskurs darüber angestossen.
Der Analyst Evhen Mahda mahnt dennoch: Ein Dialog über mögliche Bedingungen für ein Friedensabkommen sei notwendig, auch wenn das Thema von vielen als „Verrat“ empfunden werde.
Die Mehrheit der Ukrainer ist trotz Kriegsmüdigkeit und wachsendem internationalen Druck nicht bereit, Land gegen Frieden zu tauschen. Zwischen Realitätssinn und nationaler Integrität bleibt das Land auf Kurs – der Preis für ein mögliches Abkommen scheint für viele noch zu hoch.
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