Gemeindepräsident empört: «So verliert unser System die Glaubwürdigkeit»
In Kirchberg SG sorgt ein Fall für Unverständnis: Ein straffällig gewordener Flüchtling mit gültigem Landesverweis kehrt nach einem kurzen Aufenthalt in Luxemburg in die Schweiz zurück – und bezieht seitdem rechtmässig Sozialhilfe. Für die Gemeinde ist der Fall sinnbildlich für die Schwächen im schweizerischen Asylsystem.
Rückkehr trotz Landesverweis
Der aus Eritrea stammende Flüchtling kam 2010 als Minderjähriger in die Schweiz. Nach mehreren Jahren in St. Gallen wurde er im Sommer 2021 wegen einer sogenannten Katalogtat – welche automatisch einen Landesverweis nach sich zieht – zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach deren Verbüssung verliess er im Sommer 2024 freiwillig das Land.
Nur vier Monate später stand er wieder am Schalter des Einwohneramts in Kirchberg SG. Er hatte aus Luxemburg erneut die Einreise gewagt, obwohl der Landesverweis noch immer galt. Kirchberg musste ihn dennoch aufnehmen – und auch seine Sozialhilfeanfrage akzeptieren.
Gemeindepräsident ist fassungslos
Für Gemeindepräsident Roman Habrik ist dieser Vorgang nicht nachvollziehbar. Der Mann bezieht Leistungen, obwohl er zuvor verurteilt wurde und offiziell nicht im Land sein dürfte. Aufgrund des Datenschutzes erhielt die Gemeinde weder Informationen zur Straftat noch zur aktuellen Aufenthaltsregelung.
„Unsere Mitarbeitenden im Sozialamt müssen das umsetzen – und die Bevölkerung finanziert es“, sagt Habrik. Der Flüchtling werde gleichbehandelt wie ein Schweizer, der nach einem halben Arbeitsleben in Notlage gerate. Das sei ein Affront.
SEM bestätigt Anspruch auf Hilfe
NZZ berichtet dass, laut Staatssekretariat für Migration (SEM) sei das Vorgehen rechtlich korrekt. Der Flüchtling habe zwar keinen Anspruch mehr auf Asyl – seine Flüchtlingseigenschaft bleibe jedoch bestehen. Gemäss Ausländer- und Integrationsgesetz sowie der Genfer Flüchtlingskonvention bedeutet das: Anspruch auf Sozialhilfe bleibt bestehen. Sogar eine Arbeitsaufnahme wäre erlaubt.
Die Rückkehr sei über das Dublin-System erfolgt. Nachdem der Mann sich in Luxemburg erfolglos um Asyl bemüht hatte, wurde er zurück in die Schweiz überstellt. Das SEM sieht darin keine rechtliche Unregelmässigkeit.
Sozialhilfe – ein Reizthema im Kanton SG
Im Kanton St. Gallen wird das Thema Sozialhilfe für Flüchtlinge bereits seit Jahren kontrovers diskutiert. Ein Gesetzesentwurf sieht vor, Sozialhilfe in Form von Wohnraum und Naturalien zu leisten. Ob dieser Fall damit verhindert worden wäre, bleibt offen – denn solange die Bundesgesetzgebung greift, bleibt der Spielraum für die Gemeinden beschränkt.
Appell an Bund und Kantone
Habrik fordert nun eine Lösung auf nationaler Ebene: „Es kann nicht sein, dass die fünf Prozent unkooperativer Flüchtlinge gleichgestellt werden mit ehrlichen Beitragszahlern, die unverschuldet in Not geraten.“ Kirchberg SG habe sich stark für Integration eingesetzt, sogar einen Jobcoach für Flüchtlinge angestellt. Der Frust sei deshalb besonders gross.
„Wenn wir solche Fälle nicht lösen, verliert das ganze System an Glaubwürdigkeit.“
Verpasse keine News mehr! Aktiviere unseren kostenlosen Whatsapp-Kanal