Wieso Kartellbildung bei Autobauern so lukrativ ist – trotz Millionenstrafe

460 Millionen Euro Bussgeld – aber Kartelle bleiben wirtschaftlich attraktiv

Brüssel – Die EU-Kommission hat eine empfindliche Kartellstrafe von insgesamt rund 460 Millionen Euro gegen mehrere namhafte Autohersteller verhängt. Zwischen 2002 und 2017 sollen sich Konzerne wie Volkswagen, BMW, Renault, Toyota und andere systematisch über recyclingbezogene Informationen abgesprochen haben. Während VW mit rund 127 Millionen Euro am stärksten gebüsst wird, kommt BMW mit rund 25 Millionen vergleichsweise glimpflich davon. Mercedes-Benz entging der Strafe – das Unternehmen hatte das Kartell offengelegt und fungierte somit als Kronzeuge.

Im Zentrum der Vorwürfe stehen rechtswidrige Absprachen darüber, dass freiwillige Angaben zur Recyclingfähigkeit von Fahrzeugteilen unterlassen wurden. Dies habe die Vergleichbarkeit für Konsumenten verhindert und damit den Druck auf die Hersteller, ihre Fahrzeuge umweltfreundlicher zu gestalten, gezielt reduziert.

Warum Kartelle für Unternehmen so verlockend sind

Laut SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann sei es genau dieser fehlende Informationsfluss, der den Wettbewerb aushebele: „Wenn Kundinnen und Kunden nicht wissen, welche Teile recycelbar sind, können sie Hersteller nicht vergleichen – und so entsteht auch kein Anreiz, nachhaltiger zu produzieren.“

Dabei sei die Recyclingfähigkeit von Autos technisch längst möglich: Bis zu 95 Prozent eines Fahrzeugs könnten – je nach Modell – wiederverwertet werden. Metalle machen rund drei Viertel der Fahrzeugteile aus und lassen sich problemlos recyceln. Problematisch seien eher Kunststoffe und Batterien.

Dunkelziffer hoch – Kartellbildung bleibt ökonomisch attraktiv

Der aufgedeckte Fall ist laut Experten nur die Spitze des Eisbergs. Die OECD schätzt, dass weltweit nur 10 bis 30 Prozent aller Kartelle tatsächlich aufgedeckt werden. Der ökonomische Anreiz ist hoch: Studien zeigen, dass durch Kartellabsprachen Preissteigerungen von 10 bis 30 Prozent möglich sind.

Dass das aktuelle Kartell so lange unentdeckt blieb, liegt auch an der subtilen Art der Absprachen. Es handelte sich um „freiwillige Zahlungen“, die unterlassen wurden – ein System, das von aussen kaum zu erkennen ist. Erst durch die Aussage von Mercedes-Benz wurde der Fall öffentlich.

Konsequenzen für Industrie und Handel

Die betroffenen Autobauer stehen nun nicht nur unter juristischem, sondern auch unter öffentlichem Druck. Besonders brisant: Viele der betroffenen Unternehmen liefern auch an Handelsketten wie Lidl, Kaufland oder Rewe. Ob und wie sich die Strafen auf Produktpreise oder Transparenz bei Nachhaltigkeitsangaben auswirken, bleibt abzuwarten.

Eines zeigt der Fall jedoch deutlich: Trotz millionenschwerer Bussgelder bleibt Kartellbildung ein lukratives – wenn auch hochriskantes – Spiel für globale Konzerne.

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