Im Schatten der Grossstädte entwickelt sich eine Region in der Schweiz rasant – mit wenig öffentlicher Aufmerksamkeit.
Während alle auf Zürich, Genf oder Basel schauen, wächst eine andere Region in der Schweiz plötzlich und massiv. Der Boom verläuft still, aber stetig – in Bevölkerung, Wirtschaft und Infrastruktur. Wer nicht genau hinschaut, übersieht die Entwicklung. Doch sie hat das Potenzial, das Gleichgewicht der Schweiz langfristig zu verändern.
Die Schweiz ist bekannt für ihre urbanen Zentren mit hoher Innovationskraft und Dichte. Doch immer mehr Menschen und Unternehmen zieht es in ländlichere Gegenden – aus Kostengründen, wegen der Lebensqualität oder als Reaktion auf den Wohnraummangel in den Städten. Besonders betroffen: die Ostschweiz, namentlich der Kanton Thurgau, das Sarganserland oder Regionen rund um Wil und Frauenfeld. Noch vor wenigen Jahren als „Durchfahrtszone“ belächelt, steigen hier heute die Baugesuche, Steuererträge und Zuzugszahlen.
Laut offiziellen Statistiken stieg die Bevölkerungszahl im Thurgau 2024 um 2,8 % – ein Rekordwert. Gleichzeitig melden Gemeinden wie Eschlikon oder Arbon mehr Neuansiedlungen von KMU als je zuvor. Viele Firmen aus Zürich und Winterthur verlagern Lager, Produktion oder Backoffice dorthin. Die Gründe: tiefere Bodenpreise, gute Verkehrsanbindung, wachsendes Bildungsangebot. Auch Homeoffice-Strukturen spielen eine Rolle: Wer nicht täglich pendeln muss, zieht gern ins Grüne.
Die Infrastruktur kommt an ihre Grenzen. In ländlichen Regionen steigen Mieten schneller als in städtischen Randzonen. Schulen melden Platzprobleme, Gemeinden müssen Kindergärten erweitern. Gleichzeitig entstehen neue Arbeitsplätze, z. B. im E-Commerce, bei Logistikern oder durch nachhaltige Bauprojekte. Der ÖV-Ausbau wird verstärkt gefordert. Viele lokale Politiker fordern nun mehr Fördermittel, da sie sich nicht mehr als Rand-, sondern als Wachstumsgebiete verstehen.
Experten sehen darin eine „stille Raumrevolution“. Laut dem ETH-Raumplaner David Lüthi vollzieht sich in der Schweiz eine „Dezentralisierung zweiter Ordnung“: nicht Rückzug ins Land, sondern Entstehung neuer, funktionaler Subzentren. Auch Immobilienanalysten sprechen von einem „heissen Pflaster unter dem Radar“. Gleichzeitig warnen Umweltverbände vor Zersiedelung und fordern klar definierte Siedlungsgrenzen. In der Bundespolitik beginnt langsam ein Umdenken.
Der stille Boom in Regionen wie dem Thurgau zeigt: Die Schweiz verändert sich – nicht nur in den Städten, sondern auch in der Fläche. Wer diese Entwicklung verschläft, wird später überfordert reagieren. Gemeinden brauchen jetzt smarte Planung, Kantone mehr Koordination – und der Bund eine neue Sicht auf dynamische Provinzen. Es ist Zeit, genauer hinzuschauen.
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