Im Emmental erleben Töfflis ein unerwartetes Comeback – vor allem bei Jugendlichen, die den Charme von 50-Kubik-Retromaschinen wiederentdecken.
Wer durch das Emmental fährt, hört es wieder knattern: Das Töffli, einst Inbegriff des Dorfjugendverkehrs der 70er- und 80er-Jahre, feiert sein Revival. Und das nicht etwa in Form moderner E-Mopeds – sondern mit originalen Sachs, Puch und Piaggio. Vor allem Jugendliche greifen wieder zu Schraubenzieher und Vergaser – aus Lifestyle-Gründen, aber auch aus Liebe zur Technik und zum entschleunigten Fahren.
Das Töffli als Kultobjekt
In den 1980er-Jahren war das Töffli im ländlichen Raum der Schweiz fast schon ein Statussymbol: Wer eines fuhr, hatte Freiheit, Mobilität – und gehörte dazu. In den 2000er-Jahren verschwanden die knatternden Zweiräder fast völlig aus dem Strassenbild. Jetzt aber feiern sie ihre Rückkehr. Jugendliche organisieren Schraubertreffs, posten Umbauten auf Social Media und nehmen an regionalen Töffli-Rallyes teil.
Aktuelle Lage im Emmental: Schrauben statt scrollen
Insbesondere im Emmental ist der Boom spürbar. In Dörfern wie Langnau oder Trubschachen trifft man sich wieder in Scheunen oder Garagen zum gemeinsamen Basteln. Alte Modelle werden restauriert, aufbereitet und nicht selten durch Individualisierungen zum Unikat gemacht. Lokale Töffli-Clubs verzeichnen wachsenden Zulauf, und viele Jugendliche verzichten bewusst auf teurere Roller oder E-Bikes zugunsten des Oldschool-Feelings.
Der Trend ist nicht nur romantisch – er hat auch handfeste Gründe: Ersatzteile sind über Onlinebörsen oder spezialisierte Händler gut verfügbar, und viele Gemeinden bieten günstige Töffli-Versicherungen an. Zudem sind die Fahrzeuge robust, vergleichsweise günstig im Unterhalt und mit 15 Jahren fahrbar. Eine Studie des Touring Club Schweiz (TCS) zeigt: Die Wiederentdeckung mechanischer Technik vermittelt jungen Menschen das Gefühl von Kontrolle, Authentizität – und Gemeinschaft.
Was Jugendliche selbst sagen
Ein 16-jähriger Schüler aus der Region sagt: „Ich liebe das Schrauben. Es ist ehrlich, laut und macht einfach Spass. Kein Vergleich zu einem langweiligen E-Scooter.“ Auch Eltern sehen den Boom positiv: Jugendliche lernen dabei Verantwortung, handwerkliche Fähigkeiten und den Umgang mit Technik. Das Töffli ist damit mehr als Fortbewegung – es ist Lebensgefühl.
Der Töffli-Boom im Emmental zeigt: Retro ist nicht nur Nostalgie, sondern Ausdruck eines echten Bedürfnisses nach Greifbarkeit, Individualität und Gemeinschaft. Während die Städte auf E-Mobilität setzen, lebt im ländlichen Raum die Faszination für das Knatter-Mobil wieder auf – und das mit voller Fahrt.
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