Die EU-Kommission hat überraschend den Gesetzesentwurf gegen Greenwashing gestoppt – Kritik folgt prompt.
Am 20. Juni 2025 hat die EU-Kommission den Entwurf zur „Green Claims Direktive“ vorerst gestoppt. Die geplante Richtlinie sollte verpflichten, Umweltversprechen wie „klimaneutral“ wissenschaftlich zu belegen. Der Schritt kam kurz vor der finalen Abstimmungsrunde mit Parlament und Rat – und löste europaweit Proteste aus. Die Kommission nennt Belastungen für Kleinstunternehmen als Grund.
Die „Green Claims Direktive“ war ein zentraler Bestandteil des europäischen Green Deals. Ihr Ziel: irreführende Umweltversprechen unterbinden und Verbraucher schützen. EU-Erhebungen zufolge sind über 50 % solcher Angaben unbegründet. Die Richtlinie hätte verpflichtend gemacht, Aussagen wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“ wissenschaftlich zu belegen – inklusive unabhängiger Prüfung.
Greenwashing ist ein bekanntes Problem: Unternehmen setzen gezielt auf grüne Rhetorik, ohne nachhaltige Massnahmen zu ergreifen. Der Entwurf galt als Meilenstein gegen diese Praxis. Die Diskussion darum lief seit Jahren – mit breiter Zustimmung in der Bevölkerung und bei Umweltschutzorganisationen.
Die EU-Kommission kündigte kurz vor der Trilog-Verhandlungsrunde mit Rat und Parlament überraschend an, den Gesetzesentwurf zurückzuziehen. Als Hauptargument nannte sie die Sorge vor Überlastung von Kleinstunternehmen, die 96 % aller Firmen in der EU ausmachen.
Laut Medienberichten wurde der Rückzug intern nicht einheitlich getragen: Umweltkommissarin Jessika Roswall habe versucht, ihn zu verhindern – sie hält die Entscheidung für undemokratisch und rückschrittlich. Gleichzeitig erklärten Sprecher der Kommission später, dass die Richtlinie formal nicht endgültig zurückgezogen sei – die Verhandlungen seien lediglich ausgesetzt.
Der vorläufige Rückzug bedeutet: Unternehmen können weiterhin vage Umweltversprechen machen, ohne konkrete Belege liefern zu müssen. Dies benachteiligt laut Kritikern solche Firmen, die in echte Nachhaltigkeit investieren. Für Verbraucher bleibt die Lage unübersichtlich – sie müssen Aussagen wie „grün“ oder „CO₂-neutral“ ohne Prüfmechanismus einordnen.
Auch innerhalb des Parlaments ist die Empörung gross. Grüne, Sozialdemokraten und Liberale sprechen von einem „Kniefall vor Populismus“ und erwägen rechtliche Schritte. Gleichzeitig fordern sie eine Wiederaufnahme der Gespräche und sehen die Entscheidung als Teil eines grösseren Problems: dem schrittweisen Rückbau des Green Deals.
Umweltorganisationen, Verbraucherschützer und zahlreiche Abgeordnete bewerten den Schritt als gefährlich. Sie warnen vor einem Vertrauensverlust in EU-Klimapolitik. Der Green Deal, lange als Aushängeschild der EU gefeiert, gerät zunehmend unter politischen Druck. Konservative und rechtspopulistische Kräfte gewinnen laut Beobachtern an Einfluss, was zu einem strategischen Rückzug in der Umweltpolitik führen könnte.
Gleichzeitig mehren sich Stimmen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die eine Überarbeitung statt Aufgabe der Richtlinie fordern – mit Ausnahmeregelungen für kleine Unternehmen, aber verbindlichen Standards für alle anderen.
Der Rückzug der „Green Claims Direktive“ ist ein herber Rückschlag für Verbraucher- und Umweltschutz in der EU. Ob sie überarbeitet oder endgültig fallen gelassen wird, ist unklar. Sicher ist: Der öffentliche Druck steigt – und mit ihm die Frage, ob die EU weiter für glaubwürdige Klimaversprechen eintreten wird oder wirtschaftlichem Druck nachgibt.
Verpasse keine News mehr! Aktiviere unseren kostenlosen Whatsapp-Kanal