Wären ÖV-Preise günstiger, wenn die SBB privat wäre?

Was eine Privatisierung der Schweizerischen Bundesbahnen für die Ticketpreise bedeuten könnte

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) stehen wie kein anderes Unternehmen für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz. Doch immer wieder wird gefragt: Wären Zugtickets günstiger, wenn die SBB ein privates Unternehmen wäre? Befürworter versprechen sich mehr Effizienz und tiefere Preise, Kritiker warnen vor Abbau, Ungleichheit und Qualitätsverlust. Was sagen internationale Beispiele – und was spricht für oder gegen ein privates Bahnsystem in der Schweiz?

Die SBB ist zu 100 % im Besitz des Bundes und verfolgt einen öffentlichen Auftrag: Mobilität für alle, überall, zuverlässig und sicher. Die Preise decken etwa die Hälfte der Betriebskosten, der Rest wird durch Subventionen (v. a. durch den Bund und die Kantone) finanziert.

Im Gegensatz dazu stehen privat betriebene Bahnsysteme wie etwa in Grossbritannien, Schweden oder Japan. Dort treten private Betreiber teils im Wettbewerb auf oder betreiben einzelne Linien mit Gewinnabsicht. In solchen Systemen entscheiden wirtschaftliche Kriterien – nicht flächendeckende Versorgung oder soziale Ausgewogenheit.

Was kostet die Bahn im Privatmodell?

Erfolge in liberalisierten Modellen:

  • Schweden: Wettbewerb auf Strecken führte zu moderaten Preisen und modernen Zügen.

  • Japan: Hochqualitative Angebote bei verlässlichen Preisen – allerdings mit hoher Nachfrage und Bevölkerungsdichte.

Probleme in anderen Ländern:

  • Grossbritannien: Seit der Privatisierung 1994 stiegen die Preise massiv, Pünktlichkeit und Service litten.

  • Deutschland: Die formale Bahn-Privatisierung hat keine Preissenkungen gebracht – eher das Gegenteil.

Fazit: Privatisierung kann zu Wettbewerb und günstigeren Preisen führen – aber nur bei klarem Regulierungsrahmen und hoher Nachfrage.

Warum die SBB heute teuer ist (aber auch zuverlässig)

Die SBB ist teuer – das stimmt. Aber die Gründe sind nachvollziehbar:

  • Hohes Angebot: Halbstundentakt bis ins Bergtal kostet.

  • Topografie: Tunnel, Brücken, Gebirge – Infrastruktur ist teuer.

  • Personalintensität: Sicherheit, Pünktlichkeit, Sauberkeit erfordern Menschen – nicht nur Maschinen.

  • Klimaziel & Nachhaltigkeit: Investitionen in Elektrifizierung, neue Züge, barrierefreier Ausbau.

  • Service Public: Auch unprofitable Strecken sollen erhalten bleiben.

Privatunternehmen könnten hier sparen – aber wohl auf Kosten von Takt, Qualität oder Angebot in ländlichen Regionen.

Viele Pendler:innen fragen sich zu Recht: Warum kostet mein Zugticket für 20 Minuten Fahrt über 10 Franken? Die Sehnsucht nach günstigeren Preisen ist real – besonders bei Familien, jungen Menschen oder tieferen Einkommen.

Doch gleichzeitig schätzen viele Fahrgäste auch die Pünktlichkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit des SBB-Angebots. Eine Privatisierung könnte zwar kurzfristig Preise senken – aber auch Schattenseiten wie schlechtere Anschlüsse, mehr Ausfälle oder schlechter bezahltes Personal mit sich bringen.

Günstigere ÖV-Preise durch eine Privatisierung der SBB? Möglich – aber nicht garantiert. Internationale Beispiele zeigen: Ohne klare Regulierung führt ein Privatmodell oft zu höheren Preisen und weniger Service. Die Schweiz müsste dann entscheiden, ob sie ein Bahnangebot will, das nach Markt funktioniert – oder eines, das Menschen verbindet. Der Preisunterschied könnte am Ende gar nicht am Ticket spürbar sein, sondern an der Strecke.

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