Die ICE-Neubaustrecke Wendlingen–Ulm sollte den Güterverkehr entlasten – doch die Realität ist ernüchternd: Seit der Inbetriebnahme 2022 fuhr nur ein einziger Güterzug.
Vier Milliarden Euro hat der Bau der rund 60 Kilometer langen ICE-Trasse zwischen Wendlingen und Ulm gekostet. Seit Dezember 2022 ist die Strecke in Betrieb – mit dem Ziel, sowohl den Fern- als auch den Güterverkehr in Baden-Württemberg zu beschleunigen. Doch während sich Fernreisende über 20 Minuten Zeitgewinn freuen, herrscht auf den Gütergleisen weitgehend Leere.
Laut focus.de, das sich auf Angaben der Deutschen Bahn stützt, wurde die Strecke bislang von exakt einem einzigen Güterzug befahren. Der Grund: Die anspruchsvolle Steigung der Trasse macht eine Nutzung durch reguläre, schwer beladene Güterzüge nahezu unmöglich. Lediglich besonders leichte Züge mit maximal 1.000 Tonnen Tonnage könnten eingesetzt werden – ein Szenario, das in der Realität kaum vorkommt.
Bereits in der Planungsphase hatten Fachleute Zweifel. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann bezeichnete die damalige Nutzen-Kosten-Berechnung als „schön gerechnet“. Im Bundestag sei das Projekt nur durchgekommen, weil mit 17 täglichen Güterzügen kalkuliert wurde – eine Zahl, die weit von der aktuellen Realität entfernt ist.
Noch ist das letzte Kapitel nicht geschrieben. Die Bahn setzt auf eine zukünftige stärkere Nutzung, sobald Stuttgart 21 samt neuem Hauptbahnhof in Betrieb ist – derzeit geplant für Ende 2026. Erst dann, so die Hoffnung, könnte der Güterverkehr auf die Neubaustrecke verlagert werden. Bis dahin bleibt die Geislinger Steige weiterhin stark frequentiert.
Was bleibt, ist ein starkes Missverhältnis: vier Milliarden Euro Baukosten, 20 Minuten Ersparnis für den Fernverkehr – und nur ein einziger Güterzug. Kritiker sprechen von einem Paradebeispiel für Fehlplanung im Verkehrsinfrastrukturbereich. Die politische und wirtschaftliche Debatte über den Sinn und Nutzen solcher Grossprojekte dürfte weitergehen.
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