Die Stadtpolizei Zürich kämpft mit akutem Personalmangel und strukturellen Problemen, die zunehmend zu Frust und Austritten führen. Werner Karlen, Präsident des Polizeibeamten-Verbandes, spricht offen über die Ursachen und möglichen Lösungen.
Hintergründe und Ursachen des Polizistenmangels
Laut Karlen war der Personalbestand über sechs Jahre hinweg fehlerhaft ausgewertet, was zu 60 unbesetzten Stellen führte. Diese Positionen fehlen bis heute in der Sicherheitspolizei, die u.a. für Patrouillen und den Einsatz bei Demonstrationen verantwortlich ist. Die Personalrekrutierung wurde damals aufgrund eines vermeintlichen Überbestands reduziert, was zur Schliessung der Regionalwache Industrie im Kreis 5 und zur Verlagerung von über 70 Mitarbeitenden führte.
Massnahmen der neuen Führung
Mit dem Amtsantritt des neuen Kommandanten Beat Oppliger 2022 wird die Personalrekrutierung intensiviert: Seitdem werden jährlich 70 neue Polizeischüler rekrutiert, ab 2025 sollen es sogar 90 sein. Ein neues Schichtmodell namens «Optima», das aktuell getestet wird, soll den Mitarbeitenden künftig zwei zusammenhängende freie Tage ermöglichen und die Personalstärke an einsatzintensiven Wochenenden erhöhen.
Gründe für den hohen Personalabgang
2023 verzeichnete die Stadtpolizei über 100 Austritte. Die Gründe dafür liegen laut Karlen oft in den belastenden Arbeitsbedingungen: Viele Polizisten wechseln zur Gemeindepolizei, wo sie weniger Nacht- und Wochenenddienste haben und sich nicht mit Demos und Grossveranstaltungen beschäftigen müssen. Diese Wechsel erfolgen teilweise sogar trotz Lohneinbussen von bis zu 1000 Franken pro Monat.
Probleme bei der Koordination von Grossveranstaltungen
Die Organisation von Grossveranstaltungen stellt die Stadtpolizei vor grosse Herausforderungen. Bei Ereignissen wie der Rad-WM, dem WEF oder der Street Parade wird häufig eine Urlaubssperre verhängt, um genügend Einsatzkräfte bereitzustellen. Dank des interkantonalen Polizeisystems (Ikapol) können sich die Korps gegenseitig unterstützen, jedoch führen diese Einsätze oft zu Überstunden, die im eigenen Korps ein zweites Mal fehlen.
Ausblick und notwendige Veränderungen
Karlen sieht Potenzial im neuen Schichtmodell, betont jedoch, dass es strukturelle Probleme nicht lösen kann. Langfristige Verbesserungen erfordern umfassendere Massnahmen und eine anhaltende Rekrutierung, um dem wachsenden Arbeitsaufwand und den steigenden Herausforderungen gerecht zu werden.
Verpasse keine News mehr! Aktiviere unseren kostenlosen Whatsapp-Kanal