Der VirtualMultiplexer erstellt präzise virtuelle Färbungen von Krebsgewebe.© Zhu et al., ICCV 2017 / M. Rapsomaniki (UNIL-CHUV)

Der Virtual Multiplexer funktioniert ähnlich wie generative KI- Modelle, die auf der Grundlage eines Fotos oder einer textlichen Beschreibung eines Motivs Bilder im Stil verschiedener Künstlerinnen und Künstler erstellen. Er generiert virtuelle Färbungen für bestimmte zelluläre Marker innerhalb eines Gewebes. Als Eingabe dient ein Standardfarbstoff, der in der Krebspathologie routinemässig eingesetzt wird, die sogenannte Hämatoxylin/Eosin-Färbung (H/E).

Ein neu entwickeltes KI-Modell ermöglicht es, präzise virtuelle Färbungen von Krebsgewebe zu erstellen und könnte die Krebsdiagnose und -forschung revolutionieren.

Eine in Nature Machine Intelligence veröffentlichte Studie stellt ein innovatives Modell der künstlichen Intelligenz (KI) vor, das in der Lage ist, virtuelle Färbungen von Krebsgewebe zu erzeugen. Diese Technologie markiert einen bedeutenden Fortschritt in der pathologischen Analyse und Diagnose von Krebs. Entwickelt wurde das Modell von Forschenden der Universitäten Lausanne und Bern, die zusammen mit Expertinnen und Experten aus der Computerwissenschaft und Biologie an der Entwicklung gearbeitet haben.

Unter der Leitung von Marianna Rapsomaniki (Universität Lausanne) und Marianna Kruithof-de Julio (Universität Bern) entwickelte das Team den VirtualMultiplexer, ein KI-Modell, das virtuelle Bilder von Krebsgewebe erstellt. Dieses Modell simuliert die Färbung zellulärer Marker, die bislang nur durch aufwändige Laborfärbungen sichtbar gemacht werden konnten. Diese Marker sind entscheidend für die Diagnose von Krebserkrankungen, da sie bestimmte Zellen im Gewebe identifizieren.

Virtuelle Färbung als Gamechanger in der Krebsforschung

Durch den Einsatz generativer KI erzeugt der VirtualMultiplexer präzise und detaillierte Bilder von Krebsgewebe, die wertvolle Informationen über den Krankheitsverlauf eines Patienten liefern können. Diese Bilder basieren auf der Annahme, dass eine tatsächliche Gewebefärbung ausreicht, um zu simulieren, welche Zellen positiv auf andere Marker reagieren würden. Dies könnte einen revolutionären Einfluss auf die Krebsdiagnose haben, indem es die Notwendigkeit für ressourcenintensive Laboranalysen reduziert.

Marianna Kruithof-de Julio erklärt: „Der VirtualMultiplexer wurde anhand von Prostatakrebsgeweben entwickelt, und erste Tests bei Bauchspeicheldrüsenkrebs haben gezeigt, dass das Tool auch bei anderen Krebsarten erfolgreich angewendet werden kann.“

Reduzierung aufwändiger Labortests

Das Modell bietet nicht nur eine schnellere und günstigere Alternative zu aufwändigen Labortests, sondern könnte auch in Fällen nützlich sein, in denen das Gewebematerial knapp ist oder andere Färbungen nicht durchführbar sind. Die Forscher hoffen, dass diese Technologie den Weg für neue diagnostische Verfahren ebnen wird.

Die Funktionsweise des Modells lässt sich mit einer Handy-App vergleichen, die anhand eines aktuellen Fotos das zukünftige Aussehen einer Person simuliert. Der VirtualMultiplexer verwendet ein reales Bild von Krebsgewebe und wendet darauf verschiedene Färbungen an, um das Vorhandensein bestimmter Marker zu simulieren.

Klinische Relevanz des VirtualMultiplexers

Um die klinische Nützlichkeit des Modells zu gewährleisten, durchlief der VirtualMultiplexer strenge Tests, die zeigten, dass die virtuellen Bilder klinisch relevante Informationen liefern. Die Forscher verglichen die künstlichen Bilder mit realen Gewebefärbungen und stellten fest, dass die KI-generierten Bilder genaue Vorhersagen über den Krankheitsverlauf lieferten.

Zusätzlich bestand das Modell den Turing-Test, der zeigte, dass die virtuellen Bilder kaum von echten Gewebebildern zu unterscheiden sind. Dieser Durchbruch könnte die Art und Weise, wie Krebs diagnostiziert wird, grundlegend verändern.

Auswirkungen auf die Krebsforschung

Die durch den VirtualMultiplexer erzeugten virtuellen Färbungen bieten wertvolle Einblicke, die Forschenden helfen könnten, Hypothesen zu entwickeln und neue Entdeckungen in der Krebsforschung voranzutreiben. „Diese Technologie wird sicherlich neue Wege in der Krebsdiagnose und -behandlung eröffnen“, so Rapsomaniki.