Israel startet neue Bodenoffensive in Gaza nach gescheiterten Gesprächen

Mehr als 130 Tote über Nacht – Verhandlungen in Doha ohne Fortschritt

Israel hat seine Bodenoffensive im Gazastreifen massiv ausgeweitet. Die Operation „Gideons Streitwagen“ zielt auf die Kontrolle über nördliche und südliche Gebiete der Enklave. Zeitgleich sind die Gespräche in Doha zwischen Israel und der Hamas über einen Waffenstillstand ins Stocken geraten. Während der militärischen Eskalation starben allein über Nacht laut palästinensischen Angaben mehr als 130 Menschen. Die Lage der Zivilbevölkerung verschlechtert sich dramatisch – Krankenhäuser melden Zusammenbrüche, Hilfsgüter bleiben blockiert.

Die aktuelle Phase des Krieges begann nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und 251 Geiseln genommen wurden. Israels erklärtes Ziel ist seitdem die vollständige Zerschlagung der Hamas. In diesem Rahmen startete das Militär die Bodenoperation „Gideons Streitwagen“, die sich derzeit auf grossflächige Angriffe im Norden und Süden des Gazastreifens konzentriert.

Parallel zu den militärischen Massnahmen wurden in Doha neue Vermittlungsgespräche unter katarischer Schirmherrschaft aufgenommen. Diese sollten ein mögliches Waffenstillstandsabkommen und eine Lösung zur Freilassung israelischer Geiseln verhandeln. Israel fordert neben der Freilassung die Entwaffnung der Hamas und deren Exil – Forderungen, die die Hamas ablehnt.

Das israelische Militär meldete am Sonntag umfangreiche Bodenoperationen und Luftangriffe. Diese richteten sich unter anderem gegen Khan Younis und Gaza-Stadt. Das Gesundheitsministerium von Gaza zählte allein in der Nacht auf Sonntag 130 Todesopfer. In der Woche zuvor wurden mindestens 464 Menschen getötet, darunter zahlreiche Zivilisten.

Laut reuters.com wurden Zeltlager in Khan Younis getroffen, Zelte gerieten in Brand, Frauen und Kinder kamen ums Leben. Das Indonesische Krankenhaus im Norden des Gazastreifens stellte nach israelischem Beschuss den Betrieb ein. Das israelische Militär erklärte, es habe terroristische Infrastrukturen nahe dem Krankenhaus angegriffen.

Israels Militärsprecher betonte, die Einsätze zielten darauf ab, der politischen Führung Handlungsspielraum für Verhandlungen in Doha zu verschaffen. Gleichzeitig verschärfte sich die humanitäre Lage weiter: 75 % der palästinensischen Rettungsfahrzeuge sind aufgrund von Treibstoffmangel nicht mehr einsatzbereit.

Die Hilfsgüterblockade für Gaza besteht seit März 2025. Medikamente, Treibstoff und Lebensmittel gelangen nur noch begrenzt in die Enklave. Internationale Beobachter, darunter Vertreter des UN-Nothilfekoordinators, warnen inzwischen vor einer akuten Hungersnot.

Israel wirft der Hamas vor, humanitäre Hilfe abzufangen. Diese wiederum dementiert die Vorwürfe und verweist auf gezielte militärische Angriffe auf Versorgungsrouten. Auch wird diskutiert, ob Israel den Gazastreifen künftig in militärisch kontrollierte Zonen unterteilen und den zivilen Zugang einschränken will – ein Plan, der international auf Kritik stösst.

Die Zivilbevölkerung in Gaza leidet zunehmend unter den anhaltenden Angriffen, der Blockade und dem Zusammenbruch des Gesundheitswesens. Sanitäter berichteten von Familien, die vollständig ausgelöscht wurden. Das Gesundheitsministerium sprach von einem „Kollaps“ der medizinischen Versorgung.

In Israel äussern sich Angehörige der verbliebenen Geiseln zunehmend verzweifelt. Die Mutter eines Entführten warf der Regierung in einem Social-Media-Beitrag vor, politische Ziele über das Leben ihrer Kinder zu stellen. Diese Stimmen verstärken den innenpolitischen Druck auf Premierminister Netanjahu, eine Lösung in den Doha-Gesprächen zu finden.

Mit der Eskalation der Bodenoffensive bei gleichzeitigem diplomatischem Stillstand spitzt sich der Krieg im Gazastreifen weiter zu. Die humanitäre Notlage verschärft sich, die Hoffnung auf ein baldiges Abkommen schwindet. Während militärisch neue Phasen eingeleitet werden, bleiben politische Durchbrüche weiter aus. Der Krieg, der seit über 19 Monaten andauert, hat damit einen neuen kritischen Wendepunkt erreicht.

Das von der israelischen Armee veröffentlichte Filmmaterial soll Militäroperationen in einem als nördlicher Gazastreifen angegebenen Gebiet zeigen.(Bildquelle: reuters.com)
Eine palästinensische Frau reagiert am 18. Mai 2025 am Ort eines israelischen Angriffs auf ein Zeltlager für Vertriebene in Khan Younis im südlichen Gazastreifen.(Bildquelle: reuters.com)
Palästinenser begutachten die Schäden am Ort eines israelischen Angriffs auf ein Zeltlager für Vertriebene in Khan Younis im südlichen Gazastreifen, 18. Mai 2025(Bildquelle: reuters.com)
Trauernde nehmen an der Beerdigung der bei israelischen Angriffen getöteten Palästinenser im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis im südlichen Gazastreifen teil, 18. Mai 2025(Bildquelle: reuters.com)
Ein Trauernder reagiert während der Beerdigung der bei israelischen Angriffen getöteten Palästinenser im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis im südlichen Gazastreifen am 18. Mai 2025(Bildquelle: reuters.com)

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