ETH Zürich, Symbolbild (Ank Kumar, Wikipedia)

In der Schweiz sorgt die superprovisorische Verfügung gegen den „Tages-Anzeiger“ nach Recherchen über einen ETH-Dozenten für Diskussionen über die Medienfreiheit. Der betroffene Professor bestreitet jegliches Fehlverhalten und erwirkte eine Verfügung beim Bezirksgericht Zürich, die eine Veröffentlichung verhindert. Medienrechtler Urs Saxer erklärt, dass solche Einschränkungen selten sind, warnt jedoch vor der zunehmenden juristischen Beeinflussung des Journalismus. Er betont die Wichtigkeit der Medienfreiheit in einer Demokratie, mahnt aber zur Wachsamkeit.

Behörden behindern Investigativjournalismus?

Die aktuelle Situation wirft die Frage auf, ob Behörden vermehrt versuchen, kritischen Journalismus zu behindern. Laut Saxer sind superprovisorische Verfügungen wie im Fall des „Tages-Anzeigers“ nicht alltäglich, doch das Parlament hat die Voraussetzungen für solche Begehren vereinfacht. Saxer betont, dass diese Einschränkungen immer unter Berücksichtigung der Medienfreiheit interpretiert werden müssen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz bereits in einigen Fällen zurückgepfiffen, was zeigt, dass auch in einem demokratischen Rechtsstaat wie der Schweiz die Medienfreiheit nicht unantastbar ist.

Die Rolle der Medien und die Balance mit Persönlichkeitsrechten

Saxer hebt hervor, dass die Berichterstattung in solchen Fällen oft stark personalisiert ist, was die Gefahr birgt, dass Persönlichkeitsrechte stärker in den Vordergrund rücken. Gleichzeitig ist der Journalismus durch die zunehmende Konkurrenz aggressiver geworden, was positive und negative Seiten hat. Gut recherchierte Geschichten sind eine wichtige Aufgabe der Medien, können aber Persönlichkeitsrechte gefährden, wenn nicht sorgfältig vorgegangen wird. Juristische Verfahren spielen heute eine bedeutendere Rolle im Journalismus, was die Notwendigkeit einer fundierten rechtlichen Beratung für investigativen Journalismus unterstreicht.

Wachsamkeit in der Demokratie

Trotz dieser Herausforderungen sieht Saxer die Demokratie in der Schweiz nicht gefährdet, solange die Medienfreiheit respektiert wird und öffentlich über diese Themen diskutiert werden kann. Er betont jedoch, dass es wichtig ist, wachsam zu bleiben, um die Balance zwischen Medienfreiheit und Persönlichkeitsrechten zu wahren. Angesichts der zunehmenden juristischen Herausforderungen, mit denen Journalisten konfrontiert sind, ist es entscheidend, dass Medienhäuser bereit sind, in ihre Recherchen zu investieren und den Journalismus in seiner wichtigen Rolle zu unterstützen.