Die private Sicherheitsbranche in der Schweiz gerät zunehmend in Kritik. Eine verdeckte Recherche deckt gravierende Mängel bei Rekrutierung, Ausbildung und Arbeitsbedingungen auf – mit weitreichenden Folgen für Angestellte und Auftraggeber.
Verdeckte Recherche: Wachfrau ohne Vorbereitung
Eine Undercover-Recherche brachte alarmierende Erkenntnisse ans Licht. Eine Testperson erhielt ohne Eignungsprüfung oder Ausbildung eine Anstellung in einer Zürcher Asylunterkunft. Dort sollte sie konfliktreiche Aufgaben wie Personenkontrollen und Deeskalation übernehmen – ohne jegliche Vorbereitung.
Gravierende Missstände in der Branche
Die Schweiz zählt rund 900 Sicherheitsfirmen, die ein breites Spektrum von Aufgaben übernehmen – von Türsteherdiensten bis hin zu Einsätzen in sensiblen Bereichen wie Asylzentren. Die Recherche zeigt jedoch, dass viele Firmen grundlegende Vorgaben ignorieren: In neun von zehn Fällen wurden Strafregisterauszüge nicht eingefordert, Vorkenntnisse nicht überprüft und keinerlei Schulung angeboten.
Prekäres Arbeitsumfeld und mangelnde Kontrolle
Angestellte berichten von tiefen Löhnen, unbezahlten Überstunden und schlechter Ausrüstung. Oft müssen Uniformen und andere Arbeitsmittel selbst beschafft werden. Gleichzeitig übernehmen sie heikle Aufgaben, wie den Umgang mit vulnerablen Personen oder die Sicherung von Gewalthotspots. Diese Umstände sind umso alarmierender, da die Zahl der Sicherheitsangestellten in den letzten Jahren stark gestiegen ist – 2022 waren es über 24’000, fast so viele wie Polizisten in der Schweiz.
Wettbewerb auf Kosten der Sicherheit
Ein zentraler Grund für die Missstände ist der Preisdruck. Branchenvertreter weisen darauf hin, dass Sicherheitsdienstleistungen, die weniger als 50 Franken pro Stunde kosten, nicht seriös umgesetzt werden können. Dennoch werden solche Aufträge vergeben, auch von öffentlichen Stellen. Der Kanton Zürich etwa zahlte einer Sicherheitsfirma 41 Franken pro Stunde für die Arbeit im Asylzentrum – ein Betrag, der laut Experten kaum ausreichende Qualitätsstandards ermöglicht.
Schwache Regulierung und fehlende Kontrolle
Die Sicherheitsdirektion Zürich hat in den letzten zwei Jahren 29 Hinweise auf Fehlverhalten erhalten und einigen Firmen Bewilligungen entzogen oder Verwarnungen ausgesprochen. Dennoch sind die Kontrollmöglichkeiten begrenzt: Während die Polizei vor Ort prüft, ob Vorschriften eingehalten werden, fehlen umfassende Befugnisse zur Überprüfung einzelner Angestellter.
Konsequenzen und Reformbedarf
Die Enthüllungen zeigen, dass private Sicherheitsdienstleistungen zunehmend Aufgaben übernehmen, die früher von staatlichen Stellen ausgeführt wurden. Dies erhöht den Druck auf Behörden, die Einhaltung von Qualitätsstandards strenger zu überwachen. Die Zürcher Sicherheitsdirektion hat infolge der Enthüllungen bereits Untersuchungen gegen die betroffenen Firmen eingeleitet.
Fazit: Sicherheit braucht Reformen
Die Missstände werfen ein Schlaglicht auf eine Branche, die stark wächst, aber oft auf Kosten der Sicherheit der Angestellten und der betreuten Personen operiert. Eine stärkere Regulierung und bessere Arbeitsbedingungen sind notwendig, um die Qualität und Professionalität privater Sicherheitsdienste sicherzustellen.
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